Artemisia vulgaris

Artemisia vulgaris, Cingulum Sancti Iohannis

Deutscher/Englischer/Französischer Arzneiname

Beifuß, Baibote, Beipes, Besenkraut, Bibs, Bibot, Biboz, Biebeskraut, Bifaut, Biefes, Bifoot, Biwes, Buck, Buckel, Buckkraut, Flegenkraut, Fliegenkraut, Gänsekraut, Gürtlerkraut, Himmelskehrkraut, Hüttenwurzel, Johannisgürtel, Jungfernkraut, Machtwurz, Männerkrieg, Muggert, Mugwurz, Roter Bock, Schoßmalten, Schosswurz, Sonnwendkraut, Sonnenwendgürtel, Stabwurzelkraut, Weiberwurz, Wermet, Weißer Bock, Werzwisch, Wibaut, Wisch.

Bulwand wormwood, midge-wormwood, mugwort, motherwort, felon herb, fellow herb, sage [in Nordamerika bei den Indianern wird darunter nicht der englische Salbei verstanden, sondern verschiedene Arten von Artemisia]sailors tobacco, St. John´s plant, wegwood, witch herb

armoise, barbotine, herbe à cent goûts, herbe Saint-Jean, Couronne de San Jean, tabac de Saint Pierre

amarella

¢rtemis…a, p£rqenij Artemisia, Parthenis (Kraut der Jungfer, Artemis)

Ngai-yé, Ai-yeh (chinesisch)

Pflanzenfamilie

Asteraceae, Compositae

Zubereitungsformen

Homöopathisch

Phytotherapeutisch als Tee oder Fußbad

Spagyrisch

Moxakraut (Brennkraut) in der chinesischen Akupunktur

Sitzbad für Frauen

Talisman

Inhaltsstoffe der Arznei - Botanik

Cineol, Thujon, Stigmasterin

Thermische Eigenschaften

sehr warm und trocken (MA/PL)

Wirkrichtung TCM

dringt in die drei Yin ein

Wirkung TCM

bewegt Qi und Blut

vertreibt Kälte und Feuchtigkeit

wärmt den Uterus, erleichtert die Geburt, fördert die Nachgeburt

stoppt Blutungen

wärmt die Mitte und öffnet Stauungen

reguliert und fördert die Menstruation und verhindert Fehlgeburten

Gegen Hitze, die durch Feuchtigkeitsstagnation entstanden ist <vgl. Hildegard v. Bingen: Fäulnis, die sich der Kranke durch frühere Speisen und Getränke zugezogen hat>

Muster nach TCM

Leber-Qi-Schwäche

Leber-Qi-Stau

Leber-Feuchtigkeitsansammlung

Magen-Qi-Schwäche

Feuchte Hitze im ME

Wind-Kälte-PE


Geschmackseigenschaften

würzig-aromatisch, bitter, scharf frisch, wird oft fetten und schweren Speisen zugegeben (Gänsebraten, Ente), um durch die aromatische Bitterkeit die Verdauung zu fördern.

Organwirkungen TCM

Leber, Magen

Geschichte der Arznei

Der Wortstamm „Biboz“ kann mehrere Bedeutungen haben: Butz von Boz ist ein niederdeutsches Wort für Bett, welches auch mit dem Butzemann zusammenhängt, dem Rumpelstilzchen der Märchen. Hier gibt es wiederum Wortassoziationen mit Rummeln = sich vergnügen, rammeln = etwas fest einschlagen und rumpeln = Krach machen. „Bozzan“ heißt in althochdeutsch „stoßen“. Beifuß (Biboz) kann sich also von seiner Wortbedeutung von Beibett, Beistoß und Beischlaf ableiten und deutet damit seine Verbindung zu Zeugung, Geburt und Frauenleiden an.

Bereits in der Steinzeit von den Menschen verwandt. Die Pflanze erweist sich als besonders zäh, da sie auch unter unwirtlichen Verhältnissen wächst und gedeiht. Bei den Indianern mußte derjenige in Beifuß [bzw. verschiedenen Artemisia-Arten] baden, der ein Tabu verletzt oder einen Fetisch berührt hatte, denn diese Pflanze macht schlechte Medizin unwirksam und vertreibt alle schlechten Einflüsse. Kriegs- und Jagdwaffen wurden einst mit dieser Pflanze rituell gereinigt. Beifuß gilt bei den Indianern als einer der heiligsten und spirituellsten Pflanzen. Er verbindet Mutter Erde mit dem großen Geist.

In der Antike und im Mittelalter als überaus wirksame Arznei in der Frauenheilkunde (Fruchtbarkeit, Geburt, Menstruation) benutzt. Die germanischen Frauen hielten bei der Geburt ein Beifussbüschel in der Hand. Der Beifuß hatte so die Eigenschaft, den Übergang eines Kindes von der jenseitigen in die diesseitige Welt zu erleichtern, wurde aber Verstorbenen auch genauso für den Übergang in die jenseitige Welt mit ins Grab gegeben.

Artemisia vulgaris war nach der Göttin Artemis benannt. Das griechische Wort artemisia bedeutet „Unversehrtheit“ und deutet auf die Keuschheit der Göttin, die auch in Griechenland die kriegerische Schutzgöttin der Jungfrauen war. Sie wurde bisweilen mit tausend Brüsten dargestellt. Iphigenie, die Priesterin der Artemis, opferte alle Männer, die auf der Insel Tauris landeten und nagelte die abgeschlagenen Köpfe auf Holzkreuze. In Attika brachte man der Göttin Blutstropfen als Opfer dar, die Männern aus einem kleinen Schnitt am Hals entnommen wurden - als Ersatz für die realen Enthauptungen. Im Orient wurde sie als die Herrin der Amazonen betrachtet, in Italien galt sie als die Hexen-, Jagd- und Schutzgöttin der Geburt und der Tiere (Diana genannt). Einer ihrer Erscheinungsformen war die kleine Bärin - Ursa minor. In der Neuzeit avancierte sie zur Göttin der Frauenbewegung. Als Zaubermittel wurde Beifuß dazu benutzt, vor Verhexung, bösen Geistern, Blitzschlag und Feuergefahr zu schützen. An die Füße gebunden, sollte Beifuß den Wanderer vor Ermüdung schützen und außerdem auch vor den Bissen von Hunden und Schlangen (daher auch der Name Beifuß). Darüber hinaus wurde sie auch bei den freudigen Sonnenwendfesten, bei denen Sonnenwendfeuer entzündet und getrunken, musiziert und getanzt wurde, verwendet. Storl schreibt in seinem Buch „Heilkräuter und Zauberpflanzen“: „In heidnischen Zeiten entledigten sie sich ihrer alltäglichen Bekleidung, sie umgürteten sich mit Beifußzweigen und flochten Blumen und Gundermannkränze ins Haar. Man verschmolz mit der anderen, der magischen Wirklichkeit und hatte Teil am göttlichen, kosmischen Geschehen. Einander fest an den Händen haltend, sprangen Liebespaare durch die lodernde Lohe in die zweite Hälfte des Jahres hinein. Oft verbrachten sie die Nacht unter freiem Himmel, auf ein Liebeslager aus Beifuss und duftenden Johanniskräutern gebettet, denn auch dieses Fest diente dem Leben und der Fruchtbarkeit.“

Wenn der aus Wurzeln geflochtene Gürtel, der sogenannte Johannisgürtel, von dem Träger ins Johannisfeuer geworfen wurde, so sollte damit alles Leiden des kommenden Jahres dem Feuer übergeben werden.

Beifuß fand außerdem Verwendung als Schutz gegen das Böse und Blitzschlag, so daß man ein Sträußchen dieses Krauts an den Sturz der Haustür hängte. Die abgestorbenen kohleartig aussehenden Wurzeln wurden früher in Hessen und am Rhein als Mittel gegen Epilepsie gebraucht und hießen Narrensteine.

In einem angelsächsischem Neunkräutersegen findet man die Mugwort, den Beifuß an erster Stelle:

„Erinnere dich, Beifuß, was du verkündest

Was du anordnest in feierlicher Kundgebung.

Una heißest du, das älteste der Kräuter;

Du hast Macht gegen 3 und gegen 30,

du hast Macht gegen Gift und Ansteckung,

du hast Macht gegen das Übel, das über das Land dahinfährt.“

In der chinesischen Medizin nimmt dieses Kraut eine hervorragende Rolle ein: Es wird für die Brenntherapie als sogenanntes Moxakraut oft in Form einer angezündeten Moxazigarre verwendet. Durch die Moxibustion versucht man, Kälte und Feuchtigkeit durch Brennen zu vertreiben als auch Blut und Qi zu bewegen.

Beifuß kann für Abtreibungen verwendet werden oder zum Abort bei Schwangeren führen, wenn es unsachgemäß verwendet wird.

Sie ist mit Wermut (Absinth - Artemisia absinthium - Absinthium homöopathisch), Eberraute (Artemisia abrotanum - Abrotanum homöopathisch). Estragon (Artemisia dracunculus) und Artemisia cina (Cina) verwandt.

Astrologische Konstellation

MA/PL/SA und MO/PL

Ätiologie

Folgen von heftigen Gemütsbewegungen, Schreck und Furcht (MA/PL, MO/PL)

Folgen von Schlag auf den Kopf (MA/SA)

Beschwerden durch unterdrückte Sexualität und Sinnlichkeit (MA/PL/SA und MO/PL)

Essenz der Erlebensform

Öffnung des Bewußtseins für die eigenen Gefühle und die innere Stimme (MO/PL)

Hingabe und ungehindertes Ausleben von Sexualität (MO/PL)

Wahrnehmen und Erkennen der Wahrheit und Wirklichkeit ohne die eigenen seelischen Bedürfnisse dabei zu unterdrücken (MA/PL/SA und MO/PL)

Essenz der Erleidensform

Extreme Verdrehung der Aufnahmefähigkeit des Bewußtseins in einer Art innerem Krampfzustand (MA/PL und MO/PL)

Aufgrund hoher moralischer Ansprüche, die einen selbst geißeln, wird die Sexualität und Sinnlichkeit unterdrückt und manifestiert sich als Schattenbild auf verschiedenen Seins-Ebenen (MA/PL/SA und MO/PL)

Empirisch-homöopathische Essenz

Bis heute leider keine bekannt. Schon Hahnemann schrieb in seinem Apothekerlexikon: „Dieses mächtige Kraut erwartet noch einen Beobachter, der dem speziellen Gang seiner eigentümlichen Wirkungsart sorgfältiger nachspürt.“

Spirituelle Symptomebene [C4]

Vertrauen in die dunklen Seiten des Lebens, die nicht vom Verstand beherrschbar sind

Vertrauen in die eigenen Gefühle, die Intuition und die innere Stimme

Geistige Symptomebene [C3]

Aufnahmefähigkeit, gestörte (MA/PL und MO/PL)

Bewußtlosigkeit nach Konvulsionen (MA/PL und MO/PL)

Bewußtseinsverlust über die reale und physische Welt (MA/PL)

Irritabilität (MO/PL)

Kleptomanie

Realitätsverlust (MA/PL)

Sinnestäuschungen, Halluzinationen (MA/PL)

Zorn (MA/PL/SA)

Seelische Symptomebene [C2]

Blockade, innere (MO/PL)

Emotionalität, extreme (MO/PL)

Erregung (MO/PL)

Gebärden, macht Gebärden und zupft an der Bettwäsche

Gefühlsstau im Bauchraum (MO/PL)

Hysterie (MO/PL)

Reizbar, mürrisch, verdrießlich (MA/SA)

Ruhelosigkeit (MA/SA)

Schlafwandeln

Seelenleben, überaktives ohne Zusammenhang mit der physischen Welt (MA/PL und MO/PL)

Sensibilität, mangelnde (MA/PL/SA und MO/PL)

Träume von Menschen, Schnee

Körperliche Symptomebene [C1]

Abort der Frucht (MO/PL)

Augen starren (MA/PL/SA)

Bauchkrämpfe (MA/SA)

Darmwürmer (MO/PL)

Epilepsie - Petit mal (MA/PL/SA)

Extremitäten, gelähmte, insbesondere links (MO/PL)

Gebärmutterkontraktionen in der Schwangerschaft (MA/SA und MO/PL)

Harnverhaltung (MO/PL)

Hirntumor (MA/PL/SA)

Ineinanderlaufen von Gesehenem, Buchstaben (MA/PL/SA und MO/PL)

Krämpfe und Konvulsionen der Extremitäten (MA/SA)

Krämpfe, einseitig (MA/SA)

Krämpfe, einseitig, andere Seite gelähmt (MA/SA)

Krämpfe bei Kindern (MA/SA und MO/PL)

Menstruation spärlich und unregelmäßig (MO/PL)

Plazenta, Nachgeburt kommt nach der Geburt nicht heraus

Pollutionen, bei Krämpfen (MA/SA und MO/PL)

Schaum vor dem Mund (MA/PL und MO/PL)

Schlaflosigkeit und komatöser Schlaf

Schwäche oder Übermüdung in den Füßen nach langem Gehen oder Krankheit

Schweißgeruch nach Knoblauch

Schwindel durch Sehen von farbigem Licht

Unfruchtbarkeit (MO/PL)

Wasserkopf

Zähneknirschen (MA/SA)

Zungenbiß mit Krämpfen in der Zunge (MA/PL und MO/PL)

Verschlechterung durch


Verbesserung durch


Abneigungen


Vorlieben


Symptomatische Vergleichsmittel

- Agaricus (SO/JU/PL/UR)

- Bryonia (MA/CH/UR)


Inhaltliche Vergleichsmittel

- Abrotanum

- Apis (MA/ME/PL/SA)

- Arnica (MA/SA/NE)

- Belladonna (MA/MO/PL)

- Bufo rana (MO/PL und VE/MO/UR)

- Chamomilla (MA/MO/SA)

- Cina (MA/MO/SA und MA/MO/UR ??)

- Lyssinum (MA/PL/SA und SO/PL/UR)

- Nux vomica (MA/SA)

- Ruta (MA/CH/SA/UR und MA/NE)

- Urtica (MA/PL/SA und MO/UR)

Antidote

- Artemisia antidotiert die Wirkungen von Opium

Komplementärmittel

- Aurum (SO/PL/SA)

- Pulsatilla (MA/UR und MO/NE)

- Stramonium (MA/PL/SA und UR/NE)

Quellen

Albrodt: Illustrierte Enzyklopädie der Blütenessenzen

Beckmann: Das geheime Wissen der Kräuterhexen

Grieve: A modern herbal

Hildegard v. Bingen: Physica

Elisabeth Brooke: Von Salbei, Klee und Löwenzahn

Brosse: Magie der Pflanzen

Chitkara: Materia Medica of Mind

Der neue Clarke, Band 1

Fischer/Krug: Heilkräuter und Arzneipflanzen

Kaminski/Katz: Handbuch der kalifornischen und englischen Blütenessenzen

Ele Klute: Beifuß artemisia vulgaris [Internet: www.naturheilkunde-online.de: fach-01-001.htm]

Köhler´s Atlas der Medizinalpflanzen

Losch: Kräuterbuch

Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel

Rätsch: Heilkräuter der Antike

Rätsch: Räucherstoffe

Schroyens: Synthesis 7.01

Stauffer: Klinische Homöopathie, Arzneimittellehre

Storl: Heilkräuter und Zauberpflanzen

Weustenfeld: Zauberkräuter von A-Z

Zandtvoort: Complete Repertory