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Franz Rambausek

Patient, 23 Jahre

16.9.93: Patient, männlich, 23 Jahre. Mediziner. Dunkle Haare, dunkle Augen, mager.
Hauptbeschwerde derzeit ist eine chronische Lumboischialgie, die seit einigen Jahren besteht.

Linksseitig, plötzlicher Beginn, wie Stromschlag. Besser, wenn er den Rücken überstreckt, also ein Hohlkreuz macht.
Diese Anfälle hat er mehrere Male in der Woche.
Probleme mit den Knochen hat er schon lange, anamnestisch besteht ein M. Scheuermann.
Weiters wurden bei ihm schon beide Knie wegen Knorpelproblemen operiert im Alter von 18 und 19 Jahren.
Einmal war ein Weisheitszahn falsch gewachsen mit 17 Jahren, Operation einer Septumdeviation mit 16 Jahren,
Appendektomie mit 15 Jahren, ebenso hatte eine Tonsillektomie stattgefunden wegen rezidivierender eitriger Tonsillitiden.
Vor einigen Jahren war ein Dermatofibrosarkoma protuberans im Rückenbereich operiert worden.
Als Kind hat er angeblich Tbc gehabt, doch darüber weiß er nichts Genaueres. Vor ca. einem Jahr war er für einige Wochen
in Westafrika, dort erwischte ihn ein hämorrhagisches Fieber und er kam schwerkrank zurück,
anschließend Krankenhausaufenthalt in Österreich.
Massive Probleme machen ihm auch seine Nebenhöhlen, oft Sinusitiden, braucht dann immer Antibiotika,
die aber den Verlauf auch nicht verkürzen.
Als Sechzehnjähriger war er einige Wochen stationär, damals bestand Verdacht auf M. Hodgkin,
was sich aber nicht bestätigte. Anlagemäßig besteht eine Doppelmilz.
Ungeschickt, was seine Beine betrifft, fällt oft hin, verletzt sich leicht.
Manuell aber überaus geschickt. Sehr rasche Entwicklung, früh laufen und sprechen gelernt.
Appetit: mag keine hartgekochten Eier, keine scharfen Sachen. Gern Milch, Fleisch, Fisch, süß.
Träume: Alpträume von Insekten, oft bizarre Träume. Träumt endlos lange Geschichten.
Temperatur: kälteempfindlich, vor allem feuchte Kälte macht ihm sehr zu schaffen.
Geist und Gemüt: ungeduldig, unruhig, braucht immer etwas zu tun. Hat gern mehrere Beschäftigungen gleichzeitig.
Kontaktfreudig, braucht jemand um sich. Ungern allein. Reiselustig. Sehr intelligent.
Das Studium hat er in Rekordzeit geschafft, daneben hat er noch ein Zweitstudium.

Repertorisation:

Naßkaltes Wetter agg.
Sinusitiden
Verlangen nach Gesellschaft
Reiselust

Therapie: Calcium phosphoricum C 200 ( Apotheke zur Kaiserkrone, Wien 7 )

(Daß man an dieser Verordnung Kritik üben kann, ist mir bewußt …)

In den folgenden zwei Wochen ausgeprägte Verschlimmerung der Lumboischialgie, er hat einen Anfall
nach dem andern, wobei es ihm aber psychisch gut geht.
Dafür in den folgenden fünf Jahren nahezu völlige Beschwerdefreiheit, was die Lumboischialgie betrifft.
In der Folge zieht sich der Patient beim Radfahren eine schmerzhafte Quetschung am Damm zu,
telefonisch verordne ich Arnica D 4, was aber keine Besserung bringt.
Er entwickelt eine Sepsis und landet stationär: Antibiotika i. v.

17.3.1994: Dzt starke Konzentrationsschwierigkeiten; Müdigkeit am Morgen. Alles ist ihm zuviel. Husten,
laut, Gefühl zu ersticken. Kann nicht tief einatmen, sonst Hustenreiz. Gelber Auswurf, süßlicher Geschmack.
Wacht in der Nacht auf mit Atemnot, Aufstehen bessert.
Großes Verlangen nach kalter Milch. Dzt. leicht beleidigt, spricht nicht darüber. Nägelbeißen.

Therapie: Tuberkulinum Koch D 30 (Kaiserkrone, Wien 7), Nur langsame Besserung unter Tuberkulinum.

12.12.1994: Seit ca. zweieinhalb Wochen hat er eine schlimme Sinusitis maxillaris,
links wesentlich stärker ausgeprägt. Er empfindet einen Druck unter dem linken Jochbogen,
der bei Erschütterung bis in die Zähne ausstrahlt. Vergangene Woche hatte er eine Schwellung im linken Unterlid,
ein Symptom, das er schon oft bei Kieferhöhleneiterung hatte.
Im CT zeigt sich die linke Kieferhöhle mit Polypen ausgefüllt. Dieser Befund wird endoskopisch bestätigt.
Zur Abschwellung erhält der Patient vom HNO-Arzt ein perorales Cortison, das er allerdings nicht einnimmt.
Weiters besteht viel Übelkeit und Kopfweh, beides wird duch Zigarettenrauchen gebessert (!).
Verlangen nach viel kalter Milch, am Abend Heißhunger auf Fettes.
Aversion vor allem gegen Äpfel und Trauben. Müde nach dem Mittagessen.
Grübelt viel nach, kann nicht schlafen. Wird um 2.30 Uhr munter, dann Halbschlaf,
um ca. 5 Uhr wacht er endgültig auf, fühlt sich dann aber groggy.
Am allermeisten stört ihn seine mangelnde Leistungsfähigkeit. Geistige Tätigkeiten erschöpfen,
fängt vieles an, beendet nichts. Hat viele Ideen. Unruhig.
Bei seiner Arbeit ist er abwesend, er kriegt nichts mit, man muß ihn öfter ansprechen, damit er reagiert.
Entspannung kann er derzeit keine finden. Ängste, die er in der Kindheit hatte, und die seither latent waren,
sind wieder akut: Daß er ausgebootet wird, daß ihn jemand, der einflußreicher ist als er, in die Tasche steckt;
daß ihn jemand schlecht macht, daß andere verhindern, daß er etwas macht.
Träumt von Diskussionen, daß sein Gegner ihm recht gibt; jemand, der ihn in seinem Beruf hemmt,
fördert ihn im Traum.
Als Kind hatte er zu Spinnen ein eigenartiges Verhältnis: er hat sie als Haustiere gehalten,
hat sie gezüchtet, andererseits hatte er Angst vor ihnen.
Haßliebe. Wenn er etwas macht, dann exzessiv, z. B. essen. Hat aber in letzter Zeit 6 kg abgenommen,
obwohl er immer schon mager war.

Repertorisation:

Wahnidee, wird in seiner Arbeit gehindert
Theoretisieren
Aversion gegen Obst
Aversion gegen Fett
Aversion gegen Milch

Die beiden letzteren Symptome sind angeführt, um die Beziehung von China zu fetten Speisen
und zur Milch anzuführen. Der Patient hatte Verlangen danach.

Therapie: China C 200 (Kaiserkrone, Wien 7)

Ca. eine Woche später Anruf: „Das rinnt und rinnt …". Starke Absonderung aus der Kieferhöhle.
Drei Wochen später gibt er eine achtzigprozentige Besserung seiner Beschwerden an.
Ca. zwei Monate nach der Einnahme von China wird bei dem Patienten aufgrund knöcherner
Verwachsungen eine Kieferhöhlenoperation vorgenommen. Die Polypen haben sich schön zurückgebildet.

26.4.1995: China M (Retz, Mag.Brunner)

7.9.1995: Viel Grübeln beim Einschlafen. Kratzen in Kehlkopf und Brust, schnell heiser. Saures
Aufstoßen, Sodbrennen von Süßem. Kann nur geringe Mengen essen, schnell satt. Nach dem Essen
sehr müde, ein richtiger Einbruch. Erwacht um 5 Uhr, dann döst er vor sich hin, wenn er dann
aufstehen soll, ist er gerädert. Beim Erwachen pelziger Geschmack im Mund. Angst vor der Zukunft, was sein wird.
Aversion gegen neue Menschen, neue Situationen. Von Hunger bekommt er Kopfweh.
Wird er in der Nacht geweckt, was ihm im Dienst oft passiert, dann ist er sehr gereizt.

Repertorisation:

Satt nach wenigen Bissen
Kopfschmerz von Fasten
Schläfrig nach Essen
Zorn bei Erwachen

Therapie: Lycopodium D 200 (Kaiserkrone, Wien 7)

(Der Patient trinkt allerdings in der nächsten Zeit viel Kaffee, seine Mißstimmung am
Morgen und seine Gereiztheit bessern sich trotzdem).

23.11.1995: Beängstigender Zustand: Seit ca. zwei Wochen anhaltende Milzschwellung, die
Milz ist deutlich palpabel, er kann sie selbst tasten. Starke Milzschmerzen, verbraucht deshalb
fläschchenweise Novalgin. Subfebrile Temperaturen. Hartnäckiger Infekt des oberen Respirationstraktes,
wieder Kieferhöhlenprobleme. Sehr eifersüchtig, nachtragend. Sehr unruhig. Magen voll nach wenigen Bissen,
nach dem Essen ist er müde und muß sich hinlegen. Labor: Leuko 105000; Kontrollmessung 98000.
Die Knochenmarkspunktion wird dem Patienten dringend angeraten, er entscheidet sich aber für die Homöopathie.

Th: Lycopodium C 12 täglich 5 Globuli.

11.12.1995: Milz dzt. o. B., Leuko 8000. Einige Tage nach Beginn der Einnahme von Lycopodium
plötzlich in der Nacht massenweise Absonderung aus den Nebenhöhlen, seitdem Besserung. Jetzt gutes Befinden.

Th: Lycopodium C 12 jeden zweiten Tag.

(Die Erklärung der schulmedizinischen Kollegen im Nachhinein für diesen
Zustand war eine nicht funktionierende Niere. Welche Seite habe ich leider vergessen).

11.1.1996: Impfung gegen Grippe. Zu dieser Zeit Wohlbefinden des Patienten.
Am Abend des nächsten Tages verspürt er ein Ziehen im Rücken und Hinterkopfschmerzen.
Deutliche Verschlechterung der Kopfschmerzen bei Erschütterung des Kopfes, sowie bei Husten.
Bis zum Tag der Konsultation (15.1. 1996) kommen noch ein schmerzhafter Husten mit
Brennschmerz im Sternumbereich sowie eine Überempfindlichkeit gegen Kleidung
vor allem im Brustbereich hinzu. Wundheitsgefühl der Brustmuskeln.
Weiters besteht eine Aphtae im Mund. Große Unruhe, Bewegung bessert.
Liegen kann er nur mit angezogenen Beinen. Subfebrile Temperaturen, Bulbusdruckschmerz.
Der Patient hatte am selben Tag einen Universitätsprofessor für Neurologie konsultiert.
Dessen Diagnose: Meningitis mit radikulärer Reizung. Lasegue bei 30° positiv,
Kernig und Brudzinsky ebenfalls positiv.
Er rät dem Patienten zu einer sofortigen Lumbalpunktion, weiters stellt er ihm einen
vierzehntägigen Spitalsaufenthalt und anschließend noch einige Wochen Krankenstand in Aussicht.
Als medikamentöse Therapie verordnet er ein Makrolid-Antibiotikum.
Der Patient erbittet sich Bedenkzeit von einem Tag und begibt sich in homöopathische Behandlung.

Er erhält nochmals Lycopodium C 12 (der Patient hatte die Arzneieinnahme schon seit
längerem gestoppt), mehrere Globuli in Wasser aufgelöst, was aber nach ca. vier Stunden
noch keine Besserung bringt. Am 16.1.1996 gegen 4 Uhr morgens nimmt er daraufhin
Tarantula hispanica D 200 (Kaiserkrone, Wien 7), fünf Globuli aufgelöst in Wasser,
jede halbe Stunde einen Schluck. Nach wenigen Stunden deutliche Besserung,
die Lumbalpunktion findet nicht statt. Am Abend des nächsten Tages ist der Patient
zur Gänze beschwerdefrei, am darauffolgenden Morgen (18.1.1996)
geht er wieder arbeiten. Kommentar des Professors als der Patient ihm am nächsten
Morgen von seiner Besserung unter homöopathischer Behandlung berichtet: „Aber das ist unmöglich".

Hinweise auf Tarantula hispanica:
Empfindlichkeit gegen Kleidung im Brustbereich
Husten schmerzhaft
Fieber cerebrospinal
Ruhelosigkeit der Extremitäten
Meningitis (Phatak, Materia Medica)

Den allerdings entscheidenden Hinweis auf Tarantula verdanke ich nicht den oben
angeführten Rubriken (Tarantula ist im Kent nicht unter Meningitis angeführt,
auch nicht unter Folgen von Impfungen), sondern seiner eigenartigen Beziehung
zu Spinnen im Kindesalter.
Weiters: sehr auffallende Persönlichkeit – attractive behavior, wie es R. Sankaran beschreibt.

Ca. zwei Monate später erkrankt der Patient an einer Pericarditis, die sich über
einige Wochen hinzieht, und die aber milde verläuft; so ist er während der
Erkrankung weiterhin arbeitsfähig … Diesmal werde ich nicht konsultiert.

Am 14.6.1997 will er wieder Globuli haben: sehr nervös, alles geht ihm auf
die Nerven, unruhig, Schlafstörungen, wird oft wach.

Therapie: Tarantula hispanica M (Retz, Brunner)

In der Folge gutes Befinden, nimmt 3-4 kg zu. Ein Tumor bildet sich wieder an der Stelle,
wo das Dermatofibrosarkoma protuberans entfernt worden war.
Der Tumor wird exstirpiert, histologisch handelt es sich um Narbengewebe.
Derzeit (März 1999) Wohlbefinden. Keine Probleme mehr mit Lumboischialgien,
Sinusitiden; Milz und ZNS ebenfalls o. B.
Er ist ausgeglichener geworden, selbstbewußter, läßt sich nichts mehr gefallen.
Deutliche Stabilisierung des Gesundheitszustandes, was ihn aber nicht daran hindert,
sich weiterhin zu verletzen.
Der weitere Verlauf bleibt abzuwarten, wobei vor allem die Exstirpation des
wiederaufgetretenen Tumors bedenklich stimmt, die ohne mein Wissen geschah.
Kommentar: Es wäre bequem, sich bei diesem Patienten auf „Schichten" auszureden,
die eben abgetragen werden mußten.
Vor allem die initiale Verordnung von Calcium phosphoricum muß sehr kritisch gesehen werden,
denn mit der Lumboischialgie wurde möglicherweise ein „Überdruckventil" des Organismus geschlossen.
Auch befürchte ich, daß hier von allem Anfang an nur eine einzige Arznei notwendig gewesen wäre,
nämlich Tarantula, und daß sich die Schichten eher im Hirn des Homöopathen befanden.
Patienten zu behandeln, die sich an der Grenze zum Malignom befinden, ist eine heikle Sache,
hier kann man durchaus in Situationen geraten, wo man gute Nerven braucht.
Aber glücklicherweise wird auch die Lebenskraft immer konkreter …
Der Neurologieprofessor hat hinterher, wie stets in solchen Fällen, seine Diagnose abgeändert:
Aus der Meningitis wurde ein fragliches Guillain-Barrè Syndrom.

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