VKHD

Verband klassischer Homöopathen Deutschlands e.V.

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Presseinformation - überarbeitet 27.06.2000


Arzneigesetze:

korrekte Herstellung der meisten tierischen

Mittel in Deutschland ab 1.8.2000 verboten !


Noch vor kurzem wurde die Kollegenschaft durch Fehlinformationen in Verwirrung gebracht, dass tierische Mittel mit Inkrafttreten des Homöopathischen Arzneibuchs 2000 gänzlich verboten seien. Nicht ganz richtig – doch so falsch leider auch nicht. Ein Wachrütteln war jedenfalls da, und das können wir gebrauchen.


Zusammenfassen können wir die gegenwärtige Situation folgendermaßen:


(1) ein komplettes Verbot tierischer Mittel oder der Nosoden wird es bei uns nicht geben –


(2) das (‘grüne’!!!) Bundesgesundheitsministerium verwarf jedoch die Empfehlungen der Homöopathischen Arzneibuch-Kommission, die eine fünfjährige Frist zur Ermöglichung von ‘Risikobewertungsverfahren’ an Stelle einer obligatorischen denaturierenden Sterilbehandlung aller tierischen Ausgangsstoffe potenzierter Arzneien vorgeschlagen hatte –


(3) damit wird eine Herstellung der meisten tierischen Mittel, so dass sie den Qualitätsanforderungen homöopathisch praktizierender Therapeuten entsprechen würden, ab 1. August 2000 nicht mehr möglich sein –


(4) es ist nun allerhöchste Eile geboten, auf die Entscheidungsträger politischen Druck auszuüben und unseren Widerstand national sowie europaweit zu organisieren.


Zur Sterilbehandlung tierischer Ausgangsstoffe:


Was würden Sie sagen, wenn Ihr Frühstücksei, statt weichgekocht oder etwas fester, morgen roh auf den Tisch käme oder unter Dampfdruck autoklaviert bei 121°C? Oder gar der Salat nur noch gekocht? Eiweiße und andere komplexe Substanzen lebender Organismen verändern bei Erhitzung über ca. 40°C ihre Eigenschaften unumkehrbar. Es gäbe weitaus mehr vernünftig nachvollziehbare Gründe, dem Metzger den Verkauf seines Rindfleisches nur noch autoklaviert zu gestatten, als für die gegenwärtigen Arzneigesetze geltend gemacht werden können. Was sich derzeit europaweit anbahnt, gehört zu den einschneidendsten Restriktionen der Homöopathie, die aus ihrer Geschichte bekannt sind. Vergleichbares und Schlimmeres kennt der Unterzeichner beispielsweise von der unseligen Vergangenheit der stalinistischen Sowjetunion. Unterschied ist, dass die neuen Regelungen eher auf ein langsames Sterben der Homöopathie, als auf ihre direkte Unterdrückung zielen, indem wir Therapeuten vor die ungute Wahl gestellt werden zwischen dem Abgleiten in Grauzonen oder der Verschreibung minderwertiger Arzneimittel.


War der Erhalt ordentlich hergestellter tierischer Mittel nicht bereits durchgesetzt worden?


In der Tat konnte durch den Einsatz einiger Arzneihersteller sowie der sogenannten HAB-Aktion einiger Homöopathie-Vereine in den Jahren 1997 und ’98 die HAB-Kommission des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) dazu bewegt werden, ein Verfahren zur Risikobewertung potenzierter Arzneimittel zu entwickeln, das trotz gewisser ‘Pferdefüße’ (hohe Registrierungskosten für potenzierte Mittel, dadurch Unwirtschaftlichkeit für ‘kleine’ Mittel) wenigstens eine Alternative zur Autoklavierung gewesen wäre. Die Berichterstattung über den Teilerfolg kommentierte die Arzneimittelkommission der Deutschen Heilpraktiker in einer Presseinformation vom 09.06.2000, Verfasser Dieter Fendt, folgendermaßen:


“Die Homöopathische Arzneibuch-Kommission hatte in ihrer Sitzung am 11.11.1998 einstimmig beschlossen und dem BMG empfohlen, für die Anwendung neuer Regeln im Kapitel “H 5 Verfahrenstechniken zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel” eine Übergangsfrist von 5 Jahren ab Inkrafttreten des HAB 1998 einzuräumen, damit insbesondere die zukünftig durchzuführende Risikobewertung für Ausgangsstoffe tierischer Herkunft erarbeitet werden könne. ENTGEGEN VERSCHIEDENER ANDERS LAUTENDER VERÖFFENTLICHUNGEN AUS THERAPEUTENKREISEN hatte die AMK jedoch öffentlich darauf hingewiesen, daß die Kommission zwar diese Frist vorgeschlagen hatte, diese jedoch durch das BMG [Gesundheitsministerium] keine offizielle Zustimmung erfahren hatte.” (Hervorhebung CC).


Die hier kritisierten “Veröffentlichungen aus Therapeutenkreisen” wiegten die Kollegenschaft, inklusive der Vorstandsteams des VKHDs und anderer Vereine, in falscher Sicherheit. Gewisse Erfolgsmeldungen ließen uns schlafen. Wie sich die Situation andernfalls entwickelt hätte, kann im Nachhinein natürlich niemand mehr sagen. Eine fehlgelaufene Informationspolitik kann sicher nicht als alleinige Ursache gesehen werden, doch die Enttäuschung lässt sich nicht verhehlen und lässt uns nach weiteren Wegen suchen. Verantwortung kann nicht über einen kleinen oder großen Obulus delegiert werden, sondern muss von dazu fähigen Leuten übernommen werden.


Folge des Wegfalls der Übergangsfrist: für viele Mittel wird der Zeitraum zu kurz sein, um ein ‘Risikobewertungsverfahren’ durchzuführen und sie werden damit in Kürze nicht mehr erhältlich sein. Das trifft insbesondere diejenigen Arzneistoffe, die nicht zu den ‘Top ten’ der Verschreibungshäufigkeit gehören. Auch müssen wir uns im klaren sein, dass die Risikobewertung kein Freibrief ist: da weitaus die größten Umsätze homöopathischer Einzelmittel mit Tiefpotenzen, insbesondere der D6 getätigt werden, wird sich auch die Risikobewertung an dieser Tatsache orientieren. Für Mittel wie Blatta orientalis oder Pulex irritans dürfte eine individuelle Risikobewertung folglich mit oder ohne Übergangsfristen das Aus bedeuten. Für einige Verkaufsschlager dagegen, bei denen zudem der Nachweis virusfreier Ausgangssubstanzen im Einzelfall leichter fällt, konnte die Risikobewertung von der Industrie trotz weggefallender Frist bereits in unserem Sinne durchgezogen werden. Wer also höchstens mal Lachesis oder Sepia verschreibt, wird keine Einschränkung erleben (kann man nur zynisch sagen). Welche Mittel genau ab 1.8.2000 ganz oder zumindest eine Zeitlang wegfallen werden, kann derzeit niemand genau sagen. Jedenfalls erheblich mehr als bereits durch den Wegfall der ’1000er-Regel’ (Ausnahme von der Registrierungspflicht für kleine Arzneichargen).


Noch schlechter stellt sich die Situation für Nosoden dar, darüber werden wir zu gegebener Zeit gesondert informieren.


Mauschelpolitik


Weitaus makaberer als eventuelle Mängel in unserem Widerstand auf Heilpraktiker-Seite ist jedoch die Art und Weise, wie (a) auf europäischer Ebene und (b) in unserem Lande mit dem Arzneirecht verfahren wird. Dies drückt sich beispielsweise darin aus, dass der gültige Text des neuen HAB wenige Wochen vor seinem Inkrafttreten nicht einmal den Arzneiherstellern bekannt ist. Selbst die Hersteller potenzierter Arzneien sind an entscheidender Stelle außen vorgehalten worden; nicht einmal die HAB-Kommission wurde seitens des Bundesgesundheitsministeriums zur jetzigen Umsetzung der Arzneimittelgesetze angehört. Letzteres ein Beispiel, dass nicht alles nur an ‘Europa’ liegt – wenngleich der Hund dort tiefer begraben liegt. Diese Abläufe lassen sich, ohne den Beteiligten im Einzelnen totalitäre Gesinnung unterstellen zu müssen, durchaus vergleichen mit den in totalitären Staatssystemen üblichen Praktiken. Einzig wesentlicher Unterschied ist, dass wir – wenn wir’s denn tun! – die Chance haben, die Problematik an die Öffentlichkeit zu bringen und damit den homöopathiefeindlichen Machenschaften entgegenzutreten.


Deutschland und Europa


Problematisch ist der Text der Monographie “Homöopathische Zubereitungen” des Europäischen Arzneibuchs (Pharmakopoea Europaeia, abgekürzt EuAB oder Ph.Eur.). In diesem wird der Nachweis der Viren- und Prionenfreiheit tierischer Ausgangsstoffe verlangt. Zu fordern ist eine Textänderung dahingehend, dass die “Viral Safety” des Endproduktes in den Mittelpunkt gestellt wird. Den europäischen Nationalstaaten bleibt ein gewisser Spielraum in der Umsetzung dieser Richtlinien. Bislang ging man davon aus, dass das zunächst vorgesehene Risikobewertungs- und Registrierungsverfahren – für Therapeutenseite, in Verbindung mit dem Wegfall der sog. 1000er-Regel, bereits mit erheblichen Einschränkungen verbunden – wenigstens noch eine Alternative zur generellen Sterilisierung tierischer Ausgangsstoffe bot. Tragisch, dass ausgerechnet unter einem grünen Gesundheitsministerium das Ursprungsland der Homöopathie die europäischen Richtlinien nun mit vorauseilendem Gehorsam erfüllen möchte. Dass den deutschen Behörden ‘nichts anderes übrigbliebe’, kann kaum geltend gemacht werden, wie das in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedliche Vorgehen zeigt. Es bleibt der Schock, dass im derzeit grünen Gesundheitsministerium weniger Sensibilität in Sachen ‘alternativer’ Medizin anzutreffen ist, als vielleicht der bayrischen CSU zugetraut werden kann.


Was tun?


Folgendes möchten wir, nicht mit ‘Führungsanspruch’ sondern in Zusammenarbeit mit anderen, in die Wege leiten:


(1) Ausbau einer Informationsplattform durch einen eMail-Verteiler

(bitte Mail an vkhd.ev@t-online.de bei Wunsch, daran teilzunehmen)


(2) Kontaktaufnahme / Austausch / persönliche Gespräche mit

(a) der Arzneimittelkommission (AMK) der Deutschen Heilpraktiker

(b) dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVHÄ)

(c) studentischen Fachschaften und anderen aktiven Gruppen

(d) Arzneiherstellern / dem Bundesverband derselben

(e) Mitgliedern der HAB-Kommission des Bundesamt

(f) europäischen Kommissionsmitgliedern

(g) der ECCH-PNG (Pharmacy Network Group des European Council for

Classical Homeopathy)

(h) der Partei Bündnis 90 / Die Grünen, ggf. anderen Parteien

(i) dem Bundesgesundheitsministerium


(3) Persönliche, individuell formulierte Briefe an Entscheidungsträger durch KollegInnen


(4) Offener Brief an Andrea Fischer


Der VKHD ist bereit, den eMail-Verteiler zu übernehmen und sich für die Koordination der Arbeit zur Verfügung zu stellen. Nicht vergessen dürfen wir, dass wir bei alledem zumeist nicht einmal Feinde der Homöopathie vor uns haben, sondern eher schlecht oder einseitig informierte Leute. Wir müssen der Homöopathie den Hauch des Obskuren, des Okkulten nehmen, der ihr in manchen Kreisen immer noch anhaftet, und entsprechend argumentieren. Da Arzneihersteller weitaus den meisten Umsatz mit Komplexmittel oder (meist organbezogen verschriebenen) Tiefpotenzen machen, neigen sie mitunter zu anderen Vorstellungen, was Arzneiregistrierung und Qualitätsabweichungen anbelangt. Hier ist zu verdeutlichen, dass es um das Vertrauen in in Deutschland hergestellte Mittel geht. Den in den Arzneimittelkommissionen durchaus vertretenen Arzneiherstellern muss im eigensten Interesse an einem guten ‚Image‘ liegen, nicht nur an Marktbereinigung à la Wegfall der 1000er-Regel. Doch was die vorgenannte Forderung einer Änderung des EuAB betrifft, haben wir auf der Seite der Arzeihersteller durchaus auch Freunde.


Notwendig ist eine Zusammenarbeit über Vereins- und Verbandsgrenzen hinweg. Wir suchen dringend Menschen, die sich in die Materie ein wenig einarbeiten und willens und in der Lage sind, hier etwas zu unternehmen! Ob diese irgendeines (und welchen) Vereines Mitglied sind, ist dabei sekundär. Briefe können geschrieben werden an Kommissionsmitglieder etc., und und und..., doch die Zielsetzungen sollten ein wenig koordiniert werden und Basisinformationen so weit vorhanden sein, dass wir uns nicht gerade blamieren. Grundinformationen finden sich u.a. in der ‘Homöopathie-Zeitschrift’, in der ‘Naturheilkunde’ und auf unserer Internet-Seite ‘www.vkhd.de’. Der VKHD – unser Vorstandsteam ist derzeit durch andere Arbeitsfelder, wie Qualitätssicherung homöopathischer Ausbildung und Praxis, stark belastet – kann Hilfe leisten bei der Koordination der Aktivitäten mittels eMail-Liste, aktuelle Mail-Infos und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. Doch wenn jetzt nicht weitere, aktive Menschen dazustoßen, werden wir keine große Chance haben.


Carl Classen


(Vors. VKHD – Fax: 0721-46 44 109, eMail: arscurandi@t-online.de)



Diese Presseinformation geben wir wegen ihrer politischen Dringlichkeit ohne Inanspruchnahme von Urheberrechten zur Veröffentlichung und jedweder Verbreitung frei. CC, 26.08.00